In den frühen Morgenstunden des 4. Mai 2019 wurde im Opel-Zoo in Kronberg ein Zebra als vermisst gemeldet. In diesem Zusammenhang fahndete die Polizei nach einem verdächtig aussehenden, circa fünfzigjährenden Mann mit Vogelnestfrisur, der laut Eingeweihten unter dem Decknamen Bwana Tucke Tucke subversive Safaris im südlichen Afrika durchführt. Für die Entgegennahme weiterer sachdienlicher Hinweise stand die Polizeistation Königstein bereit.
Am selben Tag wurden aus dem knapp 20 Kilometer entfernten Niedernhausen verdächtige Aktivitäten gemeldet. An der Tür eines Hofguts in der idyllischen Taunusgemeinde wurde gegen 14.00 Uhr eine blau-rot-grüne Flagge mit Sonne gehisst. Wie die Mutter der Gastgeberin Maria K. berichtete, wurden bei dem als „kulinarischer Ausflug“ getarnten Event, für das sich rund 30 Gäste angemeldet hatten, laut Mundpropaganda bzw. „Stiller Post“ 300 Teilnehmer erwartet. Weder der unvorhergesehene Wintereinbruch noch die katastrophalen Verkehrsverhältnisse konnten den stetigen Einfall der mit dem hochgradig ansteckenden Namibia-Virus infizierten Gäste aufhalten.
Potjie Event 2019
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Zeitgleich mit dem Besucheransturm wurde die Anlieferung beträchtlicher Mengen von Alkohol beobachtet. Als mildernde Umstände kann man hier gelten lassen, dass es sich bei dem hektoliterweise verkonsumierten Gerstensaft um das nach dem deutschen Reinheitsgebot gebraute Windhoek Lager handelte. Aufgrund der niedrigen Außentemperaturen von um die 6 Grad Celsius war es nicht einmal nötig, es im Kühlschrank zwischenzulagern, was sich positiv auf die Klimabilanz der Veranstaltung auswirkte.
Neben dem Genuss von vergorenem Gersten- und Traubensaft aus dem südlichen Afrika frönten vor allem die NaAA (Nicht-anonymen-Amarula-Anhänger) ihrer Sucht. Dass dieses Getränk bevorzugt auf Eis serviert wurde, stieß angesichts der bereits vermeldeten winterlichen Außentemperaturen überraschenderweise nicht auf breiten Protest.
Nachvollziehbar war hingegen das Ausleben pyromanischer Neigungen am Lagerfeuer, das stets dicht von Besuchern umlagert war, die versuchten, ihre angefrorenen Extremitäten aufzutauen. Im Zentrum des Feuers – und des Geschehens - stand ein dreibeiniges, schwarzes Ungetüm aus Gusseisen, das im südlichen Afrika als Potjie bezeichnet wird. Die Lautgebung dieses Wortes weicht nach Angaben der Namibia-Profis beträchtlich von der Schreibweise ab und hört sich in etwa an wie „Peukie“. Im Peukie befand sich der Corpus Delicti, sprich die Überreste des vermissten Zebras. Zur Tarnung war es in kleine Stückchen zerlegt, unter Bergen von Veldkos versteckt und circa drei Stunden lang über dem Feuer gegart worden. Ungerührt von dem heimtückischen Verbrechen verzehrte die eingeschworene Besucherschar den Inhalt des Peukies bis zum Bodensatz und ging anschließend satt und glücklich nach Hause. Die Fahne wurde eingeholt, die Wolldecken zusammengefaltet und ein großes Lob für die Gastgeber ausgesprochen.
Das verschwunden geglaubte Zebra wurde am Morgen des 5. Mai 2019 von Tierpflegern im benachbarten Gehege bei den Alpakas erwischt …
Monika Hempel