Vortrag von Carsten Möhle am 12. März 2015

Carsten MöhleSehr gut besucht war der nunmehr sechste Vortrag von Carsten Möhle, der wieder im EXPERIMINTA ScienceCenter in Frankfurt stattfand. Diesmal nahm Bwana Tucke-Tucke die Besucher mit auf eine informative, spannende und unterhaltsame Reise zu und mit den San. Sie führte zu verschiedenen Buschmannsippen im südlichen Afrika. Gleichzeitig ging es aber auch um die Reise der Buschleute ins heutige Leben:

Jedes Jahr werden 10 bis 20 Naturvölker ausgelöscht. Und die, die überleben, verabschieden sich von ihrer bisherigen Lebensweise. So droht auch die Kultur der San im Zuge der Globalisierung unterzugehen und in Vergessenheit zu geraten, deren Traditionen, Sprachen, Sitten und Gebräuche.

Diverse Projekte bemühen sich inzwischen darum, dass die Buschleute ihre Kultur am Leben erhalten. Da heute kein Buschmann mehr wie vor hundert Jahren lebt, sollen "Historic Living Villages" (Lebende Museen) deren ursprüngliches Lebensumfeld darstellen. Ziele sind ein gesichertes Einkommen für die Bevölkerung zu erwirtschaften, eine weitere touristische Attraktion zu bieten und eine Art Geschichtsschule und Ausbildungsort nicht nur für die Stammesmitglieder zu sein. Außerdem seien Interesse und Neugierde von Besuchern vielleicht das erfolgreichste Mittel, Selbstbewusstsein und Stolz bei den Buschleuten hervorzurufen und den Wert des überlieferten Wissens der Älteren in den Augen der Jungen zu steigern.

Szene aus dem VortragEin erfolgreiches Beispiel ist das Lebende Museum der Living Culture Foundation in Grashoek, das 2004 eröffnet und inzwischen selbständig von den San betrieben und verwaltet wird und von dem mittlerweile 1.200 Buschleute profitieren. Sie bilden ihre Mitarbeiter selber aus und haben englischsprachige Guides. Es gibt 45 Darsteller der historischen Lebensweise, ihre Kleidung und Ausrüstungsgegenstände wurden selbst hergestellt, traditionelle Grashütten und ein Campingplatz für Besucher errichtet. Sie zeigen dort u.a. Tänze, den Einsatz von Schlingen und wie man Schmuck hergestellt, Pfeil und Bogen werden gebaut, das Feuermachen und die Jagd erklärt.

Buschleute gelten wie die Damara als die "Ureinwohner" Namibias. Zeugnisse ihres steinzeitlichen Lebens finden sich überall im südlichen Afrika in Felszeichnungen und Gravuren, Straußenei-Perlen und Pfeilspitzen. Am Brandberg gibt es etwa 40.000 Einzelzeichnungen in 2500 Gruppen, darunter aber nur eine Jagdszene. Menschendarstellungen zeigen eine "Gesellschaft von Gleichen, die immer in Bewegung ist". Ihre Sprache, eine Tonhöhensprache, ist für uns als Erwachsene kaum lernbar, da unsere Kehlköpfe die Laute nicht gewohnt sind.

Ein Clan besteht aus durchschnittlich 40 - 60 Personen, die auf einem Gebiet von rund 25 qkm leben, in dem sie sich genauestens auskennen. Buschleute sind Meister der Wahrnehmung, auch beim Fährtenlesen. Sie erkennen, wie schnell ein Tier unterwegs ist und können das exakte Alter der Spuren feststellen, wenn diese nicht älter als etwa 30 Minuten sind, das heißt, solange es relevant für die Jagd ist. Ältere Spuren werden nicht so genau erkannt, sind aber auch nicht mehr interessant.

VortragSchließlich berichtete der "weiße Buschmann aus Namibia" über eine Reise mit den Buschleuten aus Grashoek, die ihre Heimatregion bis dahin noch nie verlassen hatten. Er begleitete sie auf einer Safari nach Etosha, zum Brandberg, nach Cape Cross, Swakopmund und Walvis Bay, wo sie viel Neues sahen, aber auch gleichzeitig Werbung für ihr Projekt Lebendes Museum machen konnten. Am Brandberg ließ man sie die Felszeichnungen erklären, war gespannt auf neue Erkenntnisse und ihre Gedankenwelt. Die bekannteste Felsmalerei, die "Weiße Dame" - so eine Erkenntnis - sei keine Frau, sondern stelle einen männlichen Schamanen dar. Andere Zeichnungen von Tierspuren, die man für eine Darstellung einer Buschmannschule hielt, hielten die Buschleute für Graffiti, entstanden wohl aus Langeweile. Denn um Spuren zu zeigen, würden sie sie einfach in den Sand zeichnen. Im Etosha Nationalpark wurde die Tierwelt, insbesondere die essbaren Tiere bestaunt und fotografiert, und am Atlantik sahen sie zum ersten Mal das Meer und begegneten den "nassen Hunden".